Thermomechanische Kombinationsverletzungen

Lebensbedrohlich und herausfordernd in der Therapie

 

 

BG Klinik Ludwigshafen

BG Unfallklinik Frankfurt am Main

01.09.2022

M. Münzberg, K. Kaeppler, G. Hundeshagen, T. Kenngott et al.

doi: 10.1093/jbcr/irab176

 

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Was bisher bekannt ist

Thermo-mechanische Kombinationsverletzungen (TMKV) gehören zu den komplexesten Behandlungsfällen in überregionalen Traumazentren. Terrorangriffe und bewaffnete Konflikte rücken diese bisher seltenen Ereignisse in ein neues Licht. Das Management von TMKV ist anspruchsvoll, ressourcenintensiv, und erfordert eine hohe Qualifikation der behandelnden interdisziplinären Teams vom Unfallort über den Transport, Schockraum, OP und die Intensivstation bis hin zur Rehabilitation. Verbrennungen, schwere Weichteilverletzungen, Knochenbrüche, Wundkontaminationen und Hohlorganverletzungen bedingen eine multidimensionale systemische Entzündungsreaktion mit einem hohen Risiko für ein immunologisch vermitteltes Multiorganversagen.
Die Epidemiologie, Entität und das Komplikationsspektrum von TMVK wurden insbesondere in Deutschland bisher noch unzureichend beschrieben.

Studiendesign und Resultate

In diese retrospektive Fallserie flossen alle TMKV der BG Klinik Ludwigshafen im Beobachtungszeitraum zwischen 2004 und 2017 ein. Einschlusskriterien waren ein multiples Trauma mit gleichzeitiger Verbrennung von ≥10 % Körperoberfläche (VKOF). Erfasst wurden demografische, therapeutische, Komplikations- und Outcome-Indikatoren. Standardabweichungen (SD) von Mittelwerten wurden in dieser Zusammenfassung über die Näherungsformel Wertespanne / 4 geschätzt.
Von 1125 innerhalb des Erhebungsintervalls im Schwerbrandverletztenzentrum behandelten Patientinnen und Patienten bot jede(r) 25. zusätzliche knöcherne und / oder Organverletzungen. Das mittlere Alter betrug 38 (SD 18) Jahre, das Verhältnis von Frauen zu Männern 10 : 35. Im Mittel waren 43 % (SD 22 %) VKOF betroffen, der Injury Severity Score (ISS) lag bei 16 (SD 15). Gemäß Abbreviated Burn Severity Index (ABSI) boten 28 Betroffene einen ABSI-Score ≥6 mit einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 80 bis 90  %, sieben Betroffene einen ABSI-Score ≥12 mit einer Überlebenswahrscheinlichkeit von unter 10 %.

Ein Fünftel aller Verletzten (10 / 45, 22 %, 95 % KI 11 – 37 %) überlebte die Kombination aus thermischen und sonstigen Traumafolgen nicht - in gleicher Größenordnung bewegte sich die Rate eines Lungen-, Nieren- oder Kreislaufversagens. Im Mittel wurden die Verletzten 56 (SD 66) Tage stationär behandelt- davon die Hälfte der Zeit auf der Intensivstation.

Bedeutung für die klinische Versorgung und Forschung in den BG Kliniken

TMKV stellen zunehmende, lebensbedrohliche Ereignisse dar, welche ein hochqualifiziertes Management in überregionalen Trauma- und Verbrennungszentren mit spezieller chirurgischer und intensivmedizinischer Kompetenz und Expertise erfordern. Zusätzlich zu etablierten Algorithmen wie ABLS®, ATLS® und PHTLS® begründen aktuelle militärische Konflikte wie in der Ukraine, aber auch die zunehmende Gefahr ziviler Terrorakte, die Entwicklung, Evaluation und Implementierung spezifischer Weiterbildungsprogramme der BG Kliniken in Zusammenarbeit mit ihren IVM-Partnern, allen voran dem Sanitätsdienst der Bundeswehr und den Bundeswehrkrankenhäusern.